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Das erste Halbjahr 2020 aus Sicht der Wirtschaft WestmecklenburgsWirtschaft in turbulenten Zeiten

Der Jahresanfang 2020 verlief für die Wirtschaft Westmecklenburgs zunächst solide. Trotz globaler Spannungen und einem Abkühlen des Weltmarktes sorgte die regionale, stabile Konjunktur für positive Stimmung bei den meisten Unternehmen. „Das Bauhauptgewerbe, die maritime Wirtschaft, die Flugzeugindustrie und die verarbeitende Ernährungswirtschaft bildeten die Anker für die Region“, erläutert Siegbert Eisenach, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin. „Die wirtschaftsnahen Dienstleister meldeten ebenfalls gute Geschäfte.“

Der Beschäftigungsaufbau hatte zwar etwas an Dynamik eingebüßt, befand sich aber weiterhin auf einem hohen Niveau. Rund zwei Drittel der Unternehmen in Westmecklenburg bezeichneten den Mangel an Fachkräften als Risiko ihrer wirtschaftlichen Entwicklung. Konsum und Arbeitsmarkt stützten die Inlandsnachfrage. Die Meldungen über ein neuartiges Virus in China waren zunächst noch weit weg.

„Auch im Handwerk war die Welt vor Corona noch in allerbester Ordnung“, sagt Dr. Gunnar Pohl, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Schwerin. Die Frühjahrskonjunkturumfrage im Handwerk zeigte noch die gewohnt guten Indikatoren, prall gefüllte Auftragsbücher und stabile bis steigende Umsätze.

Vorboten größerer Krise

Mit dem voranschreitenden 1. Quartal wurden die ersten Auswirkungen jedoch spürbar. Die für Februar geplanten Besuche von insgesamt drei chinesischen Wirtschaftsdelegationen nach Mecklenburg-Vorpommern wurden abgesagt. Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen ins Reich der Mitte meldeten, dass chinesische Geschäftspartner nur noch sehr eingeschränkt produzieren und liefern. Das Corona-Virus fasste Fuß in Europa. Deutschland begann, sich auf die steigenden Infektionszahlen vorzubereiten. „Die in Mecklenburg-Vorpommern ansässigen Medizintechnikunternehmen bzw. die Hersteller von Komponenten für Medizintechnik passten ihre Produktionskapazitäten an“, erklärt Matthias Belke, Präsident der IHK zu Schwerin. „Gleichzeitig mussten sich alle Unternehmen darauf vorbereiten, dass durch angeordnete Quarantäne-Maßnahmen oder Ansteckungen Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum ausfallen könnten. Sie trafen Vorkehrungen, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten.“

Das Handwerk war zunächst noch weitgehend von Einschränkungen ausgenommen. Ab Ende März erfolgte aber auch hier mit der Schließung von Ladengeschäften des Handwerks, der Imbissbereiche in Bäckereien und Fleischereien und dann auch von Friseur- und Kosmetiksalons ein gravierender Einbruch.

Unsicherheit Faktor Nr. 1

Mit den Schließungen wurde Unsicherheit der größte Faktor für das wirtschaftliche Risiko der Unternehmen. In den IHK-Blitzumfragen überwog Anfang April in den meisten Unternehmen der Pessimismus. „Es war zu diesem Zeitpunkt nicht seriös abzuschätzen, wie lange Schließungen von Branchen und eingeschränkte Lieferketten die Wirtschaft belasten würden“, so Eisenach. 

„Anfang April waren bereits über 70 Prozent des Handwerks von Umsatzeinbrüchen betroffen“, so Pohl. In fast jedem zweiten Unternehmen kam es zu Auftragsstornierungen. 31 Prozent sahen sich mit Problemen in den Lieferketten konfrontiert. Ein Viertel der Betriebe berichtete von Personalausfällen durch Krankheit, Quarantäneanordnungen oder familiäre Betreuungserfordernisse. Am stärksten betroffen waren das Gesundheitshandwerk und die persönlichen Dienstleistungshandwerke. Auch die Lebensmittel- und die Kfz-Gewerke waren überdurchschnittlich stark von Umsatzausfällen betroffen.

Mit den schrittweisen Lockerungen der Maßnahmen kehrte wieder verhaltener Optimismus zurück in die Unternehmen. Es gab eine Perspektive, die Arbeit wieder aufzunehmen, auch wenn sich die Anforderungen deutlich verändert hatten. Die Zurückhaltung bei Kauf und Investitionen führte dann jedoch schnell zu der Ernüchterung, dass der Pandemie-bedingte Einbruch der Wirtschaft der stärkste seit über 80 Jahren ist. Bis zu dem Zeitpunkt hat die IHK zu Schwerin über 8.000 qualifizierte Beratungen über die Corona-Hotline für Unternehmen gegeben. 

Die für die Mitgliedsbetriebe bei der Handwerkskammer geschaltete Hotline lief ebenfalls unter Volllast. „Der Informations- und Beratungsbedarf war enorm und wir haben von vielen Handwerkern die Bestätigung erhalten, dass unsere Kammer gerade in Krisenzeiten als Ratgeber und Helfer gebraucht wird“, so Uwe Lange, Präsident der Handwerkskammer Schwerin. 

Ideen gefragt: eingeschränkte Betreuung stellt alle vor große Herausforderungen

Die Betreuungsmöglichkeiten von Kleinkindern und schulpflichtigen Kindern waren stark eingeschränkt. In einer Sonderumfrage der IHK zu Schwerin gab knapp die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen an, dass die Situation sie und ihre Mitarbeitenden vor großen Herausforderungen stellt. Für jedes vierte Unternehmen traf dies teilweise zu. Allerdings zeigten sich auch viele Unternehmen einfallsreich. Die Lösungen waren zum Beispiel Home-Office, mobiles Arbeiten, individuelle Lösungen, Anpassungen der Arbeitszeiten oder auch Sonderurlaubstage. „Viele schnelle Lösungen, wie mobiles Arbeiten, sind nicht für alle Wirtschaftsbereiche umsetzbar. Gerade dort, wo eine Präsenz der Mitarbeiter unumgänglich ist, wie in der Produktion, im Bau oder bei Dienstleistungen direkt beim Kunden, entstehen Schwierigkeiten“, gibt Belke zu bedenken. „Reguläre Betreuungsmöglichkeiten für Kinder müssen zeitnah wieder gewährleistet sein. Die Eltern und die Unternehmen benötigen diese Planungssicherheit“, so Belke. 

Im Handwerk wirkten sich die eingeschränkten bzw. fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten als besonders gravierende Belastung für Beschäftigte und Betriebe aus. „Das beste Beispiel dafür waren die Friseur- und Kosmetikbetriebe in der Phase der Wiedereröffnung. In diesem Bereich arbeiten viele junge Mütter. Als der Kundenansturm begann, waren Kitas und Schulen immer noch geschlossen“, erläutert Pohl.

Generell waren der Abbau von Arbeitszeitkonten und betrieblich angeordneter Urlaub noch vor Kurzarbeit in der Krise die Mittel, die Beschäftigten im Handwerk zu halten. „Nur sehr wenige Inhaber von Handwerksbetrieben haben in Umfragen angegeben, Beschäftigte entlassen zu müssen. Das Ziel war, die Fachkräfte unbedingt zu halten und gemeinsam durch die Krise zu kommen“, so Lange. 

Überwiegend Zufriedenheit mit Landesregierung

„Eine deutliche Mehrheit der Unternehmen in Westmecklenburg zeigt sich zufrieden mit der bisherigen Arbeit der Landesregierung MV bei der Eindämmung von COVID-19“, bestätigt Eisenach. In einer IHK-Sonderumfrage von Anfang Juni schätzen 58 Prozent die Maßnahmen auf Landesebene grundsätzlich als verhältnismäßig ein. 22 Prozent hielten sie für unverhältnismäßig. Jedes zehnte teilnehmende Unternehmen spürte keine Auswirkungen durch COVID-19. Weitere 10 Prozent gaben keine Einschätzung oder ließen die Frage unbeantwortet.

 

Um die Einbrüche der Geschäftstätigkeit abzumildern, nahmen Unternehmen öffentliche Unterstützungsmöglichkeiten an. Zuschüsse und Kurzarbeit wurden durch die Wirtschaft in Westmecklenburg am häufigsten nachgefragt. 42 Prozent nahmen Zuschüsse in Anspruch. Jedes dritte Unternehmen griff auf das Instrument der Kurzarbeit zurück. Weitere 41 Prozent der Unternehmen gaben an, keine öffentlichen Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Auch im Handwerk haben sich vor allem die nicht rückzahlbaren Zuschüsse als wichtiges Instrument erwiesen, um vor allem kleinere Betriebe über Wasser zu halten. Im Handwerk werden Kredite oder Bürgschaften nur von wenigen Betrieben als geeignet angesehen, da  dies negative Einflüsse auf die künftige Bonität der Betriebe hat. Positiv wurde auch die Stundungsmöglichkeit von Steuerzahlungen oder Sozialversicherungsbeiträgen aufgenommen, um die noch vorhandene Liquidität im Betrieb zu halten.

Restart MV – in die Zukunft investieren

Die Bundes- und Landesregierung haben mehrere Hilfs- und Konjunkturpakte auf den Weg gebracht. Damit soll die Wirtschaft beim Wiederanlaufen unterstützt werden. Mittel sollen zum Beispiel in den Ausbau des digitalen Ökosystems sowie in die Förderung von Innovationen fließen. Die IHKs in MV stellten dazu bereits ein 26-Punkte-Papier mit Vorschlägen zum wirtschaftlichen Neustart vor. „Investitionen in Digitalisierung und Innovationen sind dringend notwendig“, bestätigt Belke. „Die Pandemie hat wie mit einem Brennglas unsere Schwachstellen offengelegt. Eine leistungsfähige digitale Infrastruktur ist für die Unternehmen genauso wichtig, wie die Versorgung mit Wasser und Strom. Wir können es uns nicht leisten, bei der digitalen Infrastruktur noch länger hintenanzustehen“, so Belke.

Die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in M-V hat ein Strategiepapier erarbeitet, das Vorschläge für eine notwendige Belebung der Handwerkskonjunktur während und nach der Corona-Pandemie enthält. „Aus der Krise können Lehren gezogen werden, die den Abbau offensichtlich gewordener struktureller Defizite beschleunigen, z.B. beim Breitbandausbau oder bürokratischen Überregulierungen. Zum anderen sollte jetzt ein besonderes Gewicht auf nachhaltige Themen wie Wohnungsbau, Energieeffizienz, CO2-Reduktion sowie neue Technologien für die Mobilität gelegt werden, um die notwendigen Unterstützungsinstrumente mit der gebotenen Zukunftssicherung zu verzahnen“ fordert Lange.

Blick nach vorn

Wie die Pandemie im zweiten Halbjahr weitergeht, kann niemand seriös abschätzen, darüber sind sich beide Kammern einig. Die Gesellschaft hat sich nun auf die Ausnahmesituation besser eingestellt. Mit Vernunft und Sorgfalt werden die gestiegenen hygienischen Anforderungen umgesetzt. 

„Die COVID-19-Pandemie wird weiterhin auf der Wirtschaft lasten. Insbesondere der Ausblick gestaltet sich für die Unternehmen schwierig. Eine schwache Inlandsnachfrage und fehlende Planungssicherheit trüben am häufigsten den Blick nach vorne“, bewertet Eisenach. „Wir brauchen für unser Bundesland eine klar definierte Perspektive, insbesondere mit Blick auf den Herbst, wenn auch wieder mehr Menschen einfache Erkältungen haben. Eine kluge Strategie, die Gesundheitsschutz und unternehmerische Planbarkeit sicherstellt, muss jetzt entwickelt werden“, fordert Eisenach. 

„Das Handwerk wurde hart getroffen, ist aber insgesamt ein robuster Wirtschaftszweig“, sagt Pohl. „Die Beschäftigung ist stabil geblieben, die Nachfrage nach Ausbildungsnachwuchs ist hoch, die Umsatzausfälle sind geringer geworden“. Die Mehrzahl der Betriebe rechne aber nicht damit, dass die pandemiebedingten Rückstände bis zum Jahresende aufgeholt werden können, so dass das Geschäftsjahr 2020 auf jeden Fall schlechter ausfallen werde.

„Zum Stolperstein für die wirtschaftliche Erholung drohen Lieferengpässe zu werden“ so Pohl. „Wenn es nicht gelingt, die Lieferketten wieder zum Laufen zu bringen, werden viele Handwerksbetriebe trotz vorhandener Nachfrage Aufträge nicht ausführen können“.

Auch müsse verhindert werden, dass durch Investitionszurückhaltung öffentlicher und privater Auftraggeber oder längere Einschränkungen bei der Abwicklung von Planungs- und Genehmigungsverfahren eine Auftragsdelle für das bisher konjunkturstabilisierende Baugewerbe folgt.